Verkehrswert von bebauten und unbebauten Grundstücken

Im dritten Kapitel des Baugesetzbuches, erster Teil, werden in den Paragraphen 192 – 199 die Bildung und die Aufgaben der Gutachterausschüsse normativ definiert. In § 194 wird der Verkehrswert (Marktwert) definiert, in § 195 die Führung der Kaufpreissammlung bestimmt und in § 196 die Methodik für das Zustandekommen der Bodenrichtwerte erläutert. § 199 BauGB wird schließlich die Bundesregierung ermächtigt, “mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnungen Vorschriften über die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte und bei der Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten einschließlich der Bodenrichtwerte zu erlassen“.

Qualifizierte Verkehrswertgutachten oder Marktwertgutachten sind also nicht beliebig erstellbar, sondern unterliegen einer bestimmten Anzahl von Rechtsgrundlagen, Verfahren und Normen, die anzuwenden sind.

Es sind dies unter anderem

  • die Baunutzungsverordnung,
  • die Immobilienwertermittlungsverordnung,
  • die Wertermittlungsrichtlinien,
  • die Richtlinie zur Ermittlung des Sachwertes einer Immobilie,
  • die Richtlinie zur Ermittlung des Ertragswertes einer Immobilie und
  • die Richtlinie zur Ermittlung des Vergleichswertes und des Bodenwertes.

Neben der Kenntnis und Anwendung der verschiedenen Bewertungsverfahren sind insbesondere auch vertiefte bauordnungsrechtliche und planungsrechtliche sowie mathematische und betriebswirtschaftliche und auch juristische Grundkenntnisse und ein Überblick über das örtliche Marktgeschehen unabdingbar. Nur so ist das im Baugesetzbuch formulierte Ziel, der Anwendung gleicher Grundsätze zur Ermittlung der Verkehrswerte, zu erreichen.

Alle anderen, vielfach angepriesen Wertermittlungen sind überschlägige Aussagen und Einwertungen, die im Streitfall weder einer Prüfung durch die Finanzbehörden noch einer juristischen oder gerichtlichen Prüfung Stand halten.

Immobilienwertverordung (ImmoWertV)

Die Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (ImmoWertV) ist am 1.7.2010 in Kraft getreten und löst die bisher geltende Wertermittlungsverordnung ab. Sie gliedert sich in vier Abschnitte.

In Abschnitt 1 wird in den §§ 1 – 8 ihr Anwendungsbereich abgesteckt, Begriffsbestimmungen und allgemeine Verfahrensgrundsätze werden vorgegeben.

Abschnitt 2 befasst sich in den §§ 9 – 14 mit den Bodenrichtwerten und sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten. Dies Datenmaterial wird in der Regel durch die Auswertung der örtlichen Kaufverträge von den Gutachterausschüssen im jährlichen Geschäftsbericht veröffentlicht (§ 10 Bodenrichtwerte, § 11 Indexreihen, § 12 Umrechnungskoeffizienten, § 13 Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke, § 14 Marktanpassungsfaktoren und Liegenschaftszinssätze).

Der 3. Abschnitt der ImmoWertV gliedert sich in drei Unterabschnitte in denen die unterschiedlichen Wertermittlungsverfahren erläutert werden. Der erste Unterabschnitt befasst sich in § 15 mit dem Vergleichswertverfahren und in § 16 mit der Bodenwertermittlung. Im Unterabschnitt 2 wird das Ertragswertverfahren in den §§ 17 – 20 vorgestellt und schließlich im 3. Unterabschnitt das Sachwertverfahren in den §§ 21 – 23 definiert. Abschnitt 4 regelt Formalien.

Immobilienwertrichtlinien

Zu den einzelnen in den Unterabschnitten vorgestellten Wertermittlungsverfahren, sind vertiefend umfangreichen Materialiensammlungen in der Vergleichswert- und Bodenrichtwertlinie, der Ertragswertrichtlinie und in der Sachwertrichtlinie veröffentlicht worden, so dass unter Beachtung der Vorschriftenlage die Anwendung gleicher Grundsätze zur Ermittlung der Verkehrswerte (Marktwerte) bei der Wertermittlung sichergestellt sein sollte.

Verkehrswertgutachten

Ein Verkehrswertgutachten oder auch Marktwertgutachten genannt hat die Aufgabe den Wert einer beliebigen Immobilie zu einem bestimmten Stichtag sachlich fundiert und begründend zu ermitteln. In § 194 Baugesetzbuch ist der Verkehrswert definiert.

„ Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage  des Grundstückes oder des sonstigen Gegenstandes der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“

Mit dieser etwas sperrigen Definition unbestimmter Rechtsbegriffe „gewöhnlicher Geschäftsverkehr, rechtliche Gegebenheiten, tatsächliche Eigenschaften, sonstige Beschaffenheit“ wird zum Ausdruck gebracht, dass ein offener Grundstückshandel und ein allgemeiner nicht durch Besonderheiten geprägter Grundstücksverkehr bei der Wertermittlung unterstellt wird,

Würde zum Beispiel die öffentliche Hand als Marktteilnehmer Grundstücke unter Sozialgesichtspunkten preisreduziert veräußern, so müssten diese Kauffälle unberücksichtigt bleiben, weil die Sozialkomponente, wie Bevorzugung kinderreiche Familien beim Grundstücksverkauf, ein Kriterium darstellt, das dem allgemeinen, normalen und üblichen Grundstücksverkehr unbekannt ist, mithin als ungewöhnlich zu beurteilen ist.

Ist hingegen ein Markt insgesamt von Knappheit im Grundstücksverkehr geprägt, wie dies Zurzeit in vielen Ballungsräumen der Fall ist, so ist dennoch von normalen, gewöhnlichen Geschäftsverkehr aus zu gehen, weil der gesamte Grundstücksmarkt betroffen ist.

Liegen etwa bei einem Mietshaus, welches nach dem Ertragswertverfahren zu berechnen ist, die erzielten Mieten ungewöhnlich niedrig, weil dort zum Beispiel die Verwandtschaft wohnt, so würde der Gutachter hier ein ortsübliches Mietniveau zur Verkehrswertermittlung ansetzen, weil der tatsächliche erzielte Mietzins offensichtlich durch persönliche Verhältnisse geprägt ist, der Verkehrswert oder Marktwert einer Immobilie aber unabhängig von diesen Besonderheiten und persönlichen Verhältnissen geschätzt wird.

Liegenschaftszinssatz

Liegenschaftszinssätze sind nach § 14 ImmoWertV….“die Zinssätze, mit denen Verkehrswerte von Grundstücken je nach Grundstücksart im Durchschnitt marktüblich verzinst werden.“ Die Liegenschaftszinssätze für die unterschiedlichen Nutzungen und Lagen von Grundstücken sind unterschiedlich und werden jährlich vom Gutachterausschuss überprüft und gegebenenfalls angepasst. Je höher das Vermarktungsrisiko (z. B. Erträge, Wiederverkauf), desto höher wird der Liegenschaftszins gewählt. Der Liegenschaftszins ist ein wesentlicher Einflussfaktor im Ertragswertverfahren bei der Ermittlung von Renditeobjekten. Er wird im Ertragswertverfahren als eine Art Marktanpassungsfaktor betrachtet. Dieses Datum macht sachliche und räumliche Teilmärkte untereinander und miteinander vergleichbar. Die Liegenschaftszinssätze werden jährlich im Geschäftsbericht des Gutachterausschusses veröffentlicht.